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13.01.11: Anstehende Grundsatzentscheidung beim Europäischen Gerichtshof: Europaabgeordnete gegen Patentierung embryonaler Stammzellen

Europaabgeordnete verschiedener Fraktionen und Nationen haben sich erneut gegen die Patentierung embryonaler Stammzellen ausgesprochen. Auf einer Pressekonferenz am 11.01.11 in Brüssel betonten Dr. Peter Liese (EVP-Deutschland), Eva Lichtenberger (Grüne-Österreich), Vittorio Prodi (S&D-Italien), Carlo Casini (EVP-Italien) und Miroslav Mikolasik (EVP-Slowakei), dass es völlig inakzeptabel sei, Technologien, die auf der Zerstörung von menschlichen Leben basieren, zu patentieren.

Hintergrund der Forderungen ist ein Grundsatzverfahren beim Europäischen Gerichtshof (EuGH). Der deutsche Stammzellforscher Oliver Brüstle hatte vor einigen Jahren ein Patent auf die Herstellung von Zellen aus menschlichen Embryonen, sowie ihre Verwendung zu therapeutischen Zwecken, beantragt. Dieses Patent ist zunächst erteilt worden. Ein Gericht gab jedoch dem Einspruch von Greenpeace gegen das Patent statt. Brüstle legte Revision ein und der Fall wurde vom Bundesgerichtshof nach einer Vertagung der Entscheidung wegen Unklarheiten in der EU-Biopatentrichtlinie im November 2009 dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt. Am 12.01.11 fand nun die mündliche Verhandlung vor dem EuGH statt.

Streit um Auslegung der EU-Biopatentrichtlinie

Dabei geht es um die Auslegung der EU-Biopatentrichtlinie aus dem Jahr 1998. Wie die Abgeordneten dazu erläuterten, heißt es in der Richtlinie u. a. in Artikel 5 Absatz 1: "Der menschliche Körper in den einzelnen Phasen seiner Entstehung und Entwicklung (…) können keine patentierbare Erfindungen darstellen". In Artikel 6 Absatz 2 heißt es darüber hinaus, "dass die Verwendung von menschlichen Embryonen zu industriellen oder kommerziellen Zwecken" nicht patentierbar ist. Von embryonalen Stammzellen und daraus gewonnenen Zellen ist in der Richtlinie wörtlich nicht die Rede, da es zum Zeitpunkt der Erarbeitung der Richtlinie diese Technologie noch nicht gab. In 2005 hat das Europäische Parlament daher eine Resolution angenommen, um diesen Fall klar zu stellen. Dort heißt es wörtlich: "(…) Vertritt nachdrücklich die Auffassung, dass die Herstellung humaner embryonaler Stammzellen, die Zerstörung menschlicher Embryonen impliziert und dass deshalb die Patentierung von Verfahren, in denen humane embryonale Stammzellen oder Zellen, die aus humanen embryonalen Stammzellen gewonnen wurden, eine Rolle spielen, ein Verstoß gegen Artikel 6, Abs. 2 der Richtlinie darstellt."

Diese Auffassung hat sich auch das Europäische Patentamt in einer Grundsatzentscheidung angeschlossen. Das Europäische Patentamt ist keine EU-Institution, sondern legt das europäische Patentübereinkommen aus, dem auch Nicht-EU-Staaten angehören. Bei dem vorliegenden Fall geht es jetzt um das eigentliche EU-Recht, dass von den Mitgliedstaaten in das nationale Patentrecht übertragen werden muss. Besonders absurd ist nach Ansicht der Abgeordneten die Auffassung des Patentinhabers Brüstle und seiner Anwälte, dass sich der Begriff "Embryo" nur auf Lebewesen nach der Einnistung in die Gebärmutter bezieht. "Die Abgeordneten im Europäischen Parlament mussten während der Erarbeitung der Richtlinie davon ausgehen, dass auch der Embryo in der Petrischale vom Patentierungsverbot umfasst ist und können dies auch durch Dokumente belegen", erklärte Liese.

"Aus unserer Sicht wäre es absurd, wenn eine nicht EU-Institution das Europäische Parlament in dieser Frage ernster nimmt, als die EU-Institutionen. Es gibt im Europäischen Parlament unterschiedliche Auffassungen darüber, ob Forschung mit embryonalen Stammzellen überhaupt ethisch akzeptabel ist. Bei der Patentierbarkeit geht es aber allerdings nicht nur um die Frage der Forschung, sondern um die kommerzielle Verwertung des menschlichen Körpers. Hier gibt es eine breite Ablehnung über alle Fraktionsgrenzen hinweg", so die Europa-Abgeordneten abschließend.

Entscheidung mit immenser Bedeutung

Die Bundesvorsitzende der Aktion Lebensrecht für Alle (ALfA) e.V., Claudia Kaminski, wies am 12.01.11 in einer Pressemitteilung zur Verhandlung auf die immense Bedeutung der erwarteten Entscheidung des EuGH über das Patent DE 19756864 des Bonner Stammzellforschers Oliver Brüstle hin. "Sollte der EuGH der Interpretation Brüstles folgen, wonach sich das in der EU-Biopatentrichtlinie festgeschriebene Verbot der Patentierung menschlicher Embryonen und ihrer Teile nur auf solche beschränkt, die sich bereits in eine Gebärmutter eingenistet hätten, käme dies einer Revolution gleich. Denn dann hinge der Schutz eines Subjektes erstmals nicht mehr von seinem Status ab, sondern allein von dem Zweck, den ihm Dritte zudenken. Und da es sich bei menschlichen Embryonen stets um Menschen im Frühstadium ihrer Entwicklung handelt, käme dies einer Aufspaltung der Menschheit in Forschungs- und Fortpflanzungsmenschen gleich", gab Kaminski zu bedenken.

Bis zu einer abschließenden Entscheidung über das Brüstle-Patent wird es vermutlich noch einige Zeit dauern. Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes muss sich der deutsche Bundesgerichtshof erneut mit dem Fall befassen. Dabei ist er an die Luxemburger Entscheidung gebunden.

Weiterführende Informationen:

  • Das Brüstle-Stammzellpatent und die Frage der Ethik
    Interview mit Christoph Then
    Sind menschliche Embryonen patentierbar? Der Streit zwischen Greenpeace und dem Stammzellforscher Oliver Brüstle um diese Frage geht in die nächste Instanz: Am 12. Januar veranstaltet der Europäische Gerichtshof (EuGH) eine Anhörung zum Brüstle-Patent.
    GREENPEACE 07.01.11
     

Presseartikel zum Stammzellen-Patent:

Umstrittenes Patent
Brüstles Stammzell-Patent vor Gericht
TAZ 14.01.11

EuGH-Prozess: Patent auf Embryonenforschung?
Von Martina Herzog
Wie mit menschlichen Embryonen zu Forschungszwecken umgegamgengen werden darf, könnte durch eine baldige Grundsatzentscheidung entschieden werden. Der Europäische Gerichtshof verhandelt den Fall des deutschen Wissenschaftlers Oliver Brüstle.
KÖLNISCHE RUNDSCHAU 13.01.11

EU-Gerichtshof diskutiert Patente für embryonale Stammzellen [en]
Die endlose Debatte über die Patentvergabe für menschliche embryonale Stammzellen (hESC) wird heute frischen Wind in die Segel bekommen: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hält eine Anhörung ab, um die Definition von menschlichen Embryos zu diskutieren, sowie ihre industrielle und kommerzielle Nutzung.
EURACTIV.COM 12.01.11

Patentierung embryonaler Stammzellen?
Anhörung zu Grundsatzentscheidung beim Europäischen Gerichtshof - Europaabgeordnete aus verschiedenen Fraktionen nehmen dagegen Stellung
KATH.NET 11.01.11

Anhörung zu Patentierung embryonaler Stammzellen beim EuGH
Brüssel – Europaabgeordnete verschiedener Fraktionen und Nationen haben sich erneut gegen die Patentierung embryonaler Stammzellen ausgesprochen.
AERZTEBLATT.DE 11.01.11

Europaabgeordnete aus verschiedenen Fraktionen gegen Patentierung embryonaler Stammzellen
Anhörung zu Grundsatzentscheidung beim Europäischen Gerichtshof
Brüssel - Europaabgeordnete verschiedener Fraktionen und Nationen haben sich erneut gegen die Patentierung embryonaler Stammzellen ausgesprochen.
PRESSEMITTEILUNG Dr. Peter Liese, MdEP EVP-ED 11.01.11

Das Brüstle-Stammzellpatent und die Frage der Ethik
Interview mit Christoph Then
Sind menschliche Embryonen patentierbar? Der Streit zwischen Greenpeace und dem Stammzellforscher Oliver Brüstle um diese Frage geht in die nächste Instanz: Am 12. Januar veranstaltet der Europäische Gerichtshof (EuGH) eine Anhörung zum Brüstle-Patent.
GREENPEACE 07.01.11

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